Gestern hatten wir ein großes Familientreffen eines speziellen Zweiges unserer Familie: nämlich des Zweiges der Strumpffabrikanten. Es gibt in Sachsen die Kleinstadt Thalsheim, die ca. 200 Jahre lang als „Strumpfwirkerdorf“ bekannt war. Dort wurde zu den produktivsten Zeiten wirklich ein signifikanter Anteil der Welt-Strumpf-Produktion erzeugt. In dem ehemaligen Gebäude der Strumpffabrik meines Ur-Ur-Großvaters ist heute eine Pizzeria.
In der Heimatstube in Thalheim gibt es eine kleine Ecke über die Produktion aus „unserem Hause“.
Bis in die Siebziger Jahre hinein (1977) war die Fabrik ein Familienbetrieb (nicht verstaatlicht) und aktiv. Geleitet von einem der Söhne des Firmengründers, der auch einige Patente rund um die industrielle Strickerei inne hatte.
Hier noch ein Detailfoto der interessanten Aufschriften auf den Strümpfen. Das TGL steht dabei für die „Technischen Normen, Gütevorschriften und Lieferbedingungn“, sowas wie die DIN in der Bundesrepublik. Und „MDN“ heißt „Mark der deutschen Notenbank“.
Besonders schick fand ich diese Strümpfe aus den 1920er Jahren. Die sind aus hauchdünner Baumwolle gefertigt.
Beim Erforschen dieser Familienhistorie ist meine Tante, die das hauptsächlich voran getrieben hat, auch darauf gestoßen, dass es bereits vor diesem Strumpffabrik-Inhaber weitere Strumpfwirker in der Familie gab. Es liegt also offensichtlich doch in den Genen, das Stricken.
Die Heimatstube ist wirklich sehr liebevoll gestaltet und sie haben viele Dokumente, die von den Schwierigkeiten des Führens eines Privatbetriebes in der DDR zeugen. Am schlimmsten war, dass man als Fabrikinhaber nicht einfach so Rohstoffe einkaufen konnte. Die wurden zugeteilt, ebenso wie lukrative Exportverträge der fertigen Waren.
Und natürlich ist es faszinierend zu sehen, wie ein kleines Dorf zu Blüte gelangt über eine relativ kurze Zeitperiode mit einer sehr speziellen Industrie. Zwei Enkel des Firmengründers sind in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts ins Schwäbische ausgewandert und haben dort wieder Strumpf-Fabriken gegründet. Aber auch dort wird nicht mehr produziert, heute gibt es immerhin noch einen Großhandel für Strümpfe in Familienhand.
Das Familientreffen war schön, man lernt ja doch immer wieder viel Neues über seine „Wurzeln“. Mit dem jüngsten Spross des Stammbaumes, der ja nun der Ur-Ur-Ur-Ur-Enkel von Louis Kunig ist, gab es zumindest eine Live-Schaltung gestern. Und ich kann dem Enkel ja mal irgendwann erzählen von seinen Ahnen, den sächsischen Strumpfstrickern, wenn ich ihm ein Paar gestrickte Strümpfe schenke.
Das ist ja wirklich eine spannende Familiengeschichte !
Das ist ja interessant! Wie schön, dass das Gebäude noch steht und man noch so viel über die Geschichte der Strumpfproduktion erfahren kann! Diese dünnen Baumwollstrümpfe sind wirklich wunderschön! Ein prima Gen hast du da mitbekommen :).
LG; Anja
Hallo, Angela,
heute sehe ich auch die Bilder, seltsam!
Unser Strumpfstrickertreffen war an Pfingsten letzten Jahres in Gornsdorf und wir konnten die Strumpffabrik in Gelenau besichtigen. Die ganze Geschichte ist überaus spannend.
Besonders beeindruckt hat mich, wie bei unglaublich schlechtem Licht die Maschinen betrieben wurden. In Gelenau waren die ersten Strumpfwirkmaschinen zu sehen und Produkte in vielen Farbmustern. Diese zarten Spitzenmodelle wurden dort nicht hergestellt.
Der Mann, der uns durch das Museum führte, hat nun wieder eine eigene Firma aufgemacht, die Spezialanfertigungen herstellt.
Dieses hauchzarte Baumwollmodell ist ja schon ein Kunstwerk.
Dass wir in der Pizzeria in Thalheim gegessen haben, ist ja ein interessanter Zufall, allerdings hat uns niemand erzählt, dass wir in einer ehemaligen Strumpfwirkerei gespeist haben.