Das Malern hat mir mal wieder gezeigt, was für wahre Schätze in meinen Schränken schlummern. Da habe ich nun derartige wunderbare Werke und bin mir derer gar nicht bewusst. Aber vermutlich würde das ja eh nicht helfen bei mir, da meine Jungfrauenzeit nun doch schon etwas zurückliegt *hüstel*. Diese bedeutende und sicherlich vollkommen zu Unrecht wenig bekannte Schrift des Herrn Dr. Seidel stammt aus dem Jahr 1911. Der Klappentext verweist auf weitere Schriften des Kirchenrates, die auch für das andere Geschlecht bedeutsam sind: „Der Weg zur ewigen Jugend – Lebensweisheit für Jünglinge“.
Sehr schön, wenn man das Buch aufschlägt… es sind wahre Perlen darinnen. Ein Beispiel (aus dem Kapitel: „Freue dich in deiner Jugend, aber hüte dich auch“), es geht um Freizeitgestaltung: „… Von dem Reiten und Radfahren, wie es emanzipierte Töchter Englands und Amerikas ganz nach Art der Herren treiben, wird dich gewiss schon das Gefühl der Schicklichkeit und die Rücksicht auf Gebrauch und Sitte abschrecken.“ Später im Kapitel heißt es dann: „Hütet euch vor Vielleserei. Viel lesen hilft nichts, schadet nur, denn es macht flüchtig, oberflächlich und gedankenlos.“
Aber auch aus späteren Epochen finden sich interessante Werke in den Tiefen meines Bücherschrankes – so zum Beispiel ein Heft, das in launigem Frage-Antwort-Spiel die wichtigsten Gesetze der DDR erklärt. Und da sieht man mal wieder, wie wenig die Gesellschaftssysteme sich letztlich voneinander unterscheiden. Zur „Planmäßigen Verwendung der Arbeitskräfte“ steht da u.a. als wesentliches Mittel zur Erfüllung der Volkswirtschaftspläne:
„a) Einsparung von Arbeitskräften durch bessere Arbeitsorganisation und weitestgehende Mechanisierung des Arbeitsprozesses…
c) Verbesserung der betrieblichen Einrichtungen, um eine feste Verbundenheit der Arbeiter mit ihrem Betrieb zu erreichen“.
Die Übersetzung in neu-deutsche Consultant-Sprache überlasse ich der geneigten Leserschaft.
In der AUfzählung oben habe ich Punkt b) außen vor gelassen, denn der offenbart den wesentlichen unterschied zwischen damals und heute:
„b) Werbung von Arbeitskräften aus dem Kreis der nicht erwerbstätigen Frauen“
zumindest Parteifreunde der CSU würden das nicht unbedingt unterschreiben, denke ich.
Oh mann, da kann ich als Leseratte nur hoffen, dass das mit der Vielleserei nur für Menschen im jungfräulichen Zustand gilt. Der ist nämlich *ebenfalls hüstel* bei mir auch schon ein klein wenig her.
Aber – bei längerem Nachdenken fällt mir auf, das ich mich in jenem vergangenen Stadium meiner Entwicklung denn doch der Vielleserei schuldig gemacht habe. Tja, da kann man dann wohl nix mehr machen.