Heute war keine Zeit für morgendliche Schwimmrunden, denn für 8:30 Uhr war Abreise nach Jerusalem angekündigt. Ich lag auch perfekt im Zeitplan – bis ich beim letzten Schluck Kaffee mal wieder in eine interessante Diskussion über mein Arbeitsgebiet verwickelt wurde. Das passiert hier wirklich oft, obwohl (oder vielleicht gerade weil) wir alle aus völlig unterschiedlichen Fachrichtungen kommen (Mathematik, Physik, Biologie, Chemie, Biotechnologie, Informatik, ja sogar ein Mediziner). Dadurch, dass alle im gleichen Altersbereich (25-35) sind, gibt es auch kaum Scheu und man fragt halt einfach unbefangen drauf los. Macht Spaß.
Aber zurück zum Hauptprogrammteil! Mit dem Bus gings von der Mittelmeerebene hinauf in die Hügel, wo Jerusalem liegt (ca. 800 m hoch). Auf der Hinfahrt erzählte der Reiseleiter ausgiebig über die militärische Bedeutung der Straßen, auf denen wir fuhren und forderte uns regelmäßig auf, Fotos von alten Armeefahrzeugen zu schießen, die immer mal wieder am Straßenrand standen, um die Pendler daran zu erinnern, dass hier monatelang gekämpft wurde (im Befreiungskrieg Ende der 1940er Jahre). Die Einfahrt nach Jerusalem war beeindruckend, ich hatte wirklich keine richtige Vorstellung von der Stadt und war ziemlich beeindruckt vom Panorama-Blick. Die Stadt ist über mehrere, aneinander angrenzende Hügel gebaut und sieht von weitem aus wie aus lauter Bausteinen zusammengesetzt, weil die Häuser fast alle aus hellen, quaderförmigen Steinen mit flachen Dächern gebaut sind. Wir machten zunächst Station auf dem Mount of Olives (bevor ich mich mit naiven Übersetzungen ins Deutsche lächerlich mache, nehme ich die Namen, die ich heute gelernt habe). Von dort schaut man direkt auf den Tempelberg mit der bekannten goldenen Kuppel des, jaha, Golden Dome. Das interessante am Mount of Olives war, dass er als Rückzugsort von Jesus angenommen wird und einige Kirchen dort gebaut wurden, die entweder an Dinge erinnern, die Jesus sah/tat/vorhersah oder für die innerhalb der Stadt kein Platz war. Außerdem beherbergt er einen riesigen jüdischen Friedhof. Besonders schön war eine Kirche, die in Form einer Träne gebaut war, weil sie daran erinnern soll, dass Jesus vom Mount of Olives aus auf den großen Tempel schaute und sich abwandt und weinte, weil er fühlte, dass der Tempel zerstört werden würde.
Nun hat man ja als durchschnittlich ignorante Mitteleuropäerin immerhin schon mitbekommen, dass der Tempelberg und die Moscheen dort riesige Zankäpfel sind und auch davon, dass der 1. Tempel zerstört wurde, danach auch der zweite und dass es jetzt noch die Klagemauer gibt, konnte ich gerade aus dem Gedächtnis zusammenkratzen. Ich war allerdings sehr überrascht, dass der Golden Dome ziemlich zierlich wirkte. Überhaupt kein Vergleich mit den Moscheen in Istanbul. Und die Mauern um ihn sahen eindeutig überdimensioniert aus. Die wahren Ausmaße des ursprünglichen Tempels wurden mir erst sehr viel später klar.