Nun bin ich schon den dritten Tag in Tel Aviv – morgen geht’s zurück nach Deutschland…
Leider habe ich die letzten Tage recht wenig Freizeit gehabt, weil ich es einfach nicht geschafft hatte, meine wichtige Präsentation für meine erste PhD Evaluierung rechtzeitig fertig zu stellen. Selber schuld. Aber eignetlich war es recht gemütlich, denn mein Gastgeber, der Physik und Mathe studiert und ab nächstem Semester am Weizmann Institut seinen Master machen wird, musste ebenfalls viel lernen. Also saßen wir gemeinsam am Küchentisch seiner Wohnung, ließen uns in regelmäßigen Abständen frischgefiltertes Wasser aus dem HighTech-Filter (das normale Leitungswasser schmeckt wie frisch aus dem Schwimmbad abgezapft, ungelogen) und motivierten uns gegenseitig. Gestern Nachmittag wurden wir allerdings aus der Wohnung verwiesen, weil seine Freundin eine Junggesellinnenabschiedsfeier für ihre beste Freundin schmiss. Wir bekamen zuerst Asyl bei einem seiner Freunde, später trafen wir aber, wie ursprünglich geplant, bei seiner Schwester ein. Offensichtlich hatte ich ihn am Anfang missverstanden, denn die Wohnung seiner Schwester ist alles andere als klein! Allerdings liegt sie in einem der ältesten Wohngebäude Tel Avivs, das anscheinend unter Denkmalschutz steht und entsprechend verfallen ist – es ist meines Erachtens niemals für die Ewigkeit oder als Prunkgebäude gebaut worden – stellt euch halt ne DDR-Platte vor (mit Wintergarten), an der man seit Jahrzehnten keine Renovierungen mehr vorgenommen hat…Wir blieben aber zunächst auch nicht lange dort, sondern machten uns auf zu den Eltern des Freundes der Schwester (ja, es wird kompliziert), dort gab es eine große Abendessensrunde mit lauter Verwandten von irgendwem und vor allem ganz viel Essen. Diese Wohnung nun war tatsächlich etwas enger, aber sie war auch einfach vollgestellt mit lauter tollen Kunstwerken (echten!), an den Wänden hing mindestens ein Bild von Menashe Kadishman. Israel ist wirklich so klein, hier kennen sich alle Künstler einfach und die Familie, bei der wir essen waren, besteht aus Architekten, Goldschmieden, Designer usw. Die Schwester von Adam (meinem Gastgeber) und Benaya (den ich in Würzburg kennen gelernt hatte) ist ebenfalls erfolgreich als Künstlerin: http://www.myspace.com/elladoron
Das Abendessen war für meine Begriffe recht schnell vorbei, in Italien oder Frankreich hätte man für dieselbe Essensmenge vermutlich vier bis fünf Stunden gebraucht, hier war nach etwa 90 Minuten das meiste vorbei. Ella und ich gingen noch ein bisschen mit ihrem Hund spazieren, dabei zeigte sie mir noch ein paar richitg schöne Ecken von Tel Aviv. A propos Hund – Haustiere scheinen hier einen wirklich hohen Stellenwert zu haben, es gibt unglaublich viele angeleinte Hunde und frei herum laufende Katzen, für die auch in regelmäßigen Abständen Futter auf der Straße liegt. Wie das mit den allgemein hohen Lebenshaltungskosten und den engen Wohnungen zusammen geht, habe ich noch nicht verstanden, deswegen tu ich es einfach auf die immer länger werdende Liste der Widersprüche, die ich bislang noch nicht auflösen konnte.
Entgegen meiner Erwartungen schlief ich tief und fest und lang und machte mich nach einer Kanne frischen Melissentees im Bauch auf den kurzen Rückweg zu Adams Wohnung. Die Hitze war wirklich fast unerträglich und ich bereute es gar nicht mehr so sehr, Ellas Einladung an den Strand ausgeschlagen zu haben. Die Wohnung war übersät mit bunten Glitzerherzen und anderen interessanten Partyüberresten. Adam und ich legten wieder eine gemeinsame Lerneinheit hin bevor wir uns am späten Abend mit Resteessen und Fußballschauen belohnten.