Ich habe seit einigen Jahren auf Arbeit viel mit „New Work“ Ideen zu tun und dadurch kommt man als älterer Mensch doch immer mal ins Grübeln.
Das Grundproblem ist aus meiner Sicht, dass oftmals mehr ÜBER die Arbeit geredet wird, als tatsächlich noch etwas geschafft wird. Dazu kommt eine sagenhafte Überheblichkeit gegenüber allem „Alten“ und der Drang, das Fahrrad zum 37. mal neu zu erfinden (weil früher ja alle doof waren). Das Beispielbild oben ist übrigens der Familien-Wartebereich auf dem Flughafen in Kittilä, das könnte aber auch sehr gut ein „creative space“ in einer New Work – Umgebung (Co-Working-Space) sein.
Dieses Problem, dass wir uns für ach so viel schlauer als frühere Generationen halten, ist aber nicht nur auf den Arbeitsbereich begrenzt, das findet man in unserer Gesellschaft sehr breit gestreut.
Aber Alltagswissen geht dabei irgendwie verloren. Bei Strickanleitungen und bei Rezepten beobachte ich das ja auch schon lange, dass in älteren Anleitungen die Anweisungen mehr „Mitdenken“ und Können voraus setzten. Ich beschäftige mich ja gerade viel mit der Herstellung von Käse und lese da viel herum. In meinen alten Kochbüchern finde ich dazu aber wenig Infos. Vermutlich wurde dieses Wissen früher wirklich einfach weiter gegeben in den Familien. Da ich aber keinen Opa mit Bauernhof habe… muss ich halt sehen, wie ich mir das Wissen beschaffe. Jedenfalls ist mir beim Blättern im einzigen Kochbuch, das meine Oma in ihren 87 Lebensjahren besaß aufgefallen, dass die Rezepte zum Teil wirklich EXTREM knapp gehalten sind. Hier mal ein Beispiel:
„man verdicke mit feinem Mehl“ und „backe den Teig gut aus“ …. das sind so Anweisungen, dafür braucht man einfach reichlich Erfahrung, um ein brauchbares Keksergebnis zu erzielen. Im Kontrast dazu fiel mir neulich in einem Rezept einer hippen Webseite für „gesunde Ernährung“ – oh Stopp, es ist die Webseite eines „Food-Publishers “ …. egal, jedenfalls stand da allen Ernstes in einem Rezpt „vorsicht beim Anheben des Deckels, es könnte heißer Dampf entweichen“. Die Rezepte sind natürlich auch alle mit einem „health score“ versehen und es wird viel mit „Superfood“ gewerkelt, um echte „Powerpakete“ zu erzeugen in der Küche. Kaum ein Gericht kommt ohne „super-crunchy Topping“ aus., damit das „clean eating“ auch wirklich super-lecker wird.
Ist ja schon gut, ich höre auf hier rumzuätzen als alte nörgelige weiße Frau. Letztlich ist es das Problem, dass „Information“ etwas anderes als „Wissen“ ist und echte Meisterschaft in einem Fachgebiet nicht so einfach zu erzielen ist. Es braucht dazu viel Anstrengung, die in der vorherrschenden Spaß-Gesellschafts-Mentalität eher uncool ist. Dazu hat der von mir sehr geschätzte Gunter Dueck einige sehr weise Artikel geschrieben, vielleicht wollt ihr ja mal ein bisschen bei ihm schmökern. Hier oder hier sind zwei sehr schöne Artikel aus diesem Problemkreis.
Das Gejammere ueber moderne Zeiten ist ja auch so alt wie die Menschheit :-p
Ich bin jedenfalls sehr beeindruckt vom Ehrgeiz meiner Studis derzeit, die bedanken sich sogar, wenn die Hausaufgaben besonders schwierig waren!
Na sei mal ehrlich, du hast doch bestimtm auchs hcon mal gedacht, dass es „früher“ irgendwie besser war ;-P