Auf dem Krankenlager hat man ja mal wieder Zeit, ein bisschen in der Strickbibliothek des Hauses zu schmökern.
Mary Thomas‘ Klassiker ist anno 1938 zum ersten mal erschienen. Der Nachdruck aus dem Jahre 1972, den ich in einer neueren Auflage habe, scheint unverändert zu sein. Für moderne Augen ist das Buch ein Desaster – optisch und gestaltungstechnisch und so.
Aber es enthält so viele Tipps und Kniffe. Es ist etwas anstrengend zu lesen, weil es eben sehr knapp erklärt. Und manches versteht man definitiv nicht auf Anhieb. So hat sie Fersen erklärt anhand von komplexen Diagrammen, wo ich nur dachte…. okeeeee, das muss ich mal ausprobieren, meine Vorstellungskraft verlässt mich grade.
Das Gegenstück zu diesem Buch ist dann das neuere Werk von Lily Chin. Sie ist eine entzückende Person und wirklich auch voller Erfahrung und Wissen (ich habe sie mal kennenlernen dürfen). Aber das Buch…..
Und irgendwie…. wenn mich ein Buch wie einen Vorschüler behandelt, dem man alles vorkaut, macht es mir keinen Spaß, darin zu lesen. Letztlich sind da zwar auch gute Stricktipps drin, aber dermaßen langatmig und umständlich erklärt, dass es mich einfach nur abstößt, darin zu lesen. Die wesentliche Information hätte auf wenige Seiten gepasst. Das ist kein Buch für Erwachsene, das ist für Kleinkinder! Schaut euch doch mal die Erklärung einer Maschenprobe an mit Billardkgeln und Murmeln an…. Himmel….!
Es ist noch schlimmer als amerikanische Strickanleitungen…. Ich frage mich nur, wann da was schief gelaufen ist. Mary Thomas ist ja nun auch Amerikanerin…. Wann hat es diesen Schwenk hin zur totalen Erläuterung jedes einzelnen Schrittes gegeben? Wann hat man aufgehört, dem Leser, der Strickerin etwas geistige „Arbeit“ zuzumuten?
Ja sicher gibt es Stricker mit unterschiedlichem Wissensstand, und es muss auch echte Anfängerbücher geben – keine Frage. Ich habe eher so den Eindruck, dass das Auswirkungen unserer „Spaßgesellschaft“ sind – nichts darf mehr anstrengend sein, Lernen muss Spaß machen (was immer das heißt)… aber stopp…. in Sportstudios ist ja Anstrengung durchaus hipp und angesagt. Soll man vielleicht nur das Hirn nicht mehr anstrengen?! Aber das führt dann jetzt hier glaube ich doch zu weit und in zu filosofische Tiefen (kann sich jemand daran gewöhnen, dass man tatsächlich die griechischen Wurzeln der Philosophie rechtschreibtechnisch verleugnen darf im Deutschen ?????).
Noch kurz zu something complety different…
Ich hatte hier ja vor längerem schon mal was zum Tausch angeboten, da hatte sich niemand gefunden. Nun habe ich jemanden gefunden, dem das „Teilchen“ gefällt und der es auch für sich fertig stricken wird. Das freut mich. Denn ich war kurz davor, es einfach wegzuwerfen. Und ich bin wieder mal entsetzt – ein Ding mit Originalgarn gemäß Originalanleitung passt einfach nicht. Neulich hatte ich zwei Sachen verschenkt, die nach Anleitung gestrickt zu klein wurden…. irgendwie lerne ich daraus, dass das befolgen von Anleitungen bei mir zu nix Gutem führt. Die „Ballerina“ von Frau Falkenberg habe ich auch sofort verschenkt. Die Mermaid von Frau Falkenberg hätte ich mir etwas länger gewünscht, Plisse von Falkenberg passt auch nicht richtig, wenn ich es mir recht überlege…. naja, genug der Misserfolge… ich hab ja auch schon mal was gestrickt, was mir passt.
Das Mary-Thomas-Buch habe ich auch und schaue auch immer mal wieder rein, allerdings nach Müsterchen, seltener nach Techniken.
Ich stimme dir völlig zu: nicht nur viele Anleitungen, sondern auch etliche Bücher haben einen wohlwollenden begütigenden Ton, als ob man die werte Leserschaft zum Jagen tragen wolle.
Amerika ist Vorreiter des Lernens anhand von Ratgebern. Du hast ein Problem? Wir haben zehn Ratgeber, wie du dein Problem lösen kannst. Eigentlich sollten die Bücher einen voranbringen, aber mir scheint es eher so, als trieben sie einen in die Unmündigkeit.
Mit Anleitungen stehe ich auch eher auf Kriegsfuß. Die Ballerina passte meiner pummeligen Mama sehr gut, Plissee sah an mir einfach nur scheußlich aus. An Plissee kann man auch nicht viel schrauben, finde ich.
Mittlerweile kenne ich die Modelle schon, die an mir nicht gut aussehen. Dennoch kann ich manchmal nicht widerstehen …