Montags scheint ein angesagterer Ausgehtag zu sein als Sonntag – jedenfalls befanden sich heute Nacht signifikant mehr betrunkene, sonnenbebrillte oder kurzberockte JugendlichInnen auf den hell beleuchteten Straßen von Cambridge. Woher ich das weiß? Nun, leider musste ich diese Woche in den sauren Apfel der Nachtschicht beißen, nachdem ich es die letzten Male immer noch in allerletzter Sekunde abwenden konnte. Nicht so diese Woche. Wegen massiven Jungfrauenbedarfs musste ich unseren Fliegennachwuchs alle 8 Stunden kontrollieren und nach Geschlechtern (und anderen Merkmalen) trennen, damit sie sich nicht unerlaubterweise verpaarten. Das bedeutet Fliegensortieren am Morgen, am frühen Abend und am frühen Morgen, so zwischen ein und drei Uhr nachts. Eigentlich nicht weiter schlimm, da ich ja zu beliebigen Tages- und Nachtzeiten recht zuverlässig schlafen kann, und die Straßen von Cambridge strahlen wirklich eine Ländlichkeit und Sicherheit aus, dass mir das Radeln nachts nichts ausmacht. Der schlimmste Moment ist nur, wenn der Wecker einen nachts um eins aus dem Tiefschlaf reißt und man weiß, man muss jetzt aufstehen, um FLIEGEN einzusammeln…Nicht viel besser ist der Moment, wenn man dann halb vier wieder im Bett liegt und weiß, dass man jetzt sofort einschlafen sollte, weil um acht der Wecker wieder klingelt….Aber gut, heute Nacht hilft mir mein Post-Doc bei der Nachtschicht, nachdem er die letzten zwei Tage gesundheitlich angeschlagen war und laut meiner Diagnose Schlaf brauchte. Er hätte sich sicherlich trotzdem ins Labor geschleppt, aber ich finde, da es mein Projekt und meine Fliegen sind, kann ich ruhig auch die unangenehmen Seiten live mitbekommen, schließlich sind wir hier nicht auf dem Ponyhof.
A propos Ponyhof. Da mir klar war, dass diese Woche ziemlich anstrengend werden würde, wollte ich das herrliche Frühlingswetter am Wochenende noch so richtig auskosten und Energie tanken. Wie geht das besser als mit einer kleinen Fahrradtour durch das flache Land? Eben! Nach dem Studium der wenigen mir zur Verfügung stehenden Karten fand ich einen Country Park im Norden von Cambridge, den ich als Ziel auserkor. Da ich auf der Ostseite des Flusses wohne, der Park aber auf der Westseite liegt, fuhr ich also ein ganzes Stück einfach dem Fluss entlang – die Hauptstraße wurde schnell zur Landstraße und aus der Stadt Cambridge wurde auf einmal eine Ansammlung von Farmen und Pferdekoppeln. Ganz liebreizend, wenn auch die Landschaft für den geborenen Mittelgermanen eher langweilig ist, weil weit und breit kein Hügelchen oder gar Schlösschen in Sicht. Da ist man ja schon anderes gewohnt aus der Heimat. Aber gerade als ich keine Lust mehr auf’s Pedaletreten hatte, erschien der Eingang zum Country Park, der zwar viel kleiner war als ich das erwartet hatte, aber sehr viele nette Postkartenmotive mit Flussmündungen, Wald und Schwänen zu bieten hatte. Außerdem gab’s lauter Bänke und Liegebretter (1qm große Bretter, die auf einem Sockel aufgebracht waren, und die perfekt für’s Drauflümmeln waren), die ich dann zum ausgiebigen Sonnenbaden und Lesen (Dickens natürlich 😉 nutzte.
Ich kann aus irgendeinem Grund hier keine Bilder hochladen (Admin, hilf!), deswegen hab ich einfach mal ein paar bei meinen picasa-Webalben hochgestellt – die meisten von euch sollten ja schon mal ne Einladung erhalten haben, ansonsten hier: http://picasaweb.google.de/F.Muehlpfordt/LebenInCambridge?feat=directlink
Ostern kommt mich dann eine sehr gute Freundin aus Würzburg besuchen (sie ist zur Zeit in Edinburgh stationiert), da werden wir hoffentlich genauso viel Glück mit dem Wetter haben! Also, lasst es euch auch gut gehen und verzeiht, wenn ich gerade nur sehr wenig auf E-Mails etc. antworte, denn diese Woche ist wirklich sehr arbeitsintensiv. Tatsächlich muss ich jetzt sofort wieder hoch auf den Dachboden, wo unsere Quarantäne-Station zum Fliegensortieren ist…